Wärmepumpe dimensionieren: Checkliste für SHK-Betriebe
Warum ist die richtige Dimensionierung so wichtig?
Die Dimensionierung beeinflusst direkt drei kritische Faktoren:
- Effizienz: Eine optimal ausgelegte Wärmepumpe erreicht JAZ-Werte von 4,0 und höher
- Wirtschaftlichkeit: Investitionskosten vs. Betriebskosten über 20 Jahre Lebensdauer
- Komfort: Zuverlässige Wärmeversorgung auch an den kältesten Tagen
Häufiger Planungsfehler
Viele Installateure überdimensionieren aus Sicherheitsgründen um 20-30%. Dies führt zu häufigem Takten im Teillastbetrieb, erhöhtem Verschleiß und schlechterer JAZ. Moderne Wärmepumpen sind für lange Laufzeiten optimiert – nicht für häufiges An/Aus.
Schritt 1: Heizlast korrekt ermitteln
Die Basis jeder Dimensionierung ist die normgerechte Heizlastberechnung nach DIN EN 12831. Faustregel-Berechnungen oder Baujahr-Tabellen sind für eine präzise Wärmepumpen-Auslegung nicht ausreichend.
Was Sie für die Heizlastberechnung benötigen:
- Genaue Gebäudedaten (Außenwandflächen, Fenster, Dach)
- U-Werte aller Bauteile
- Norm-Außentemperatur für den Standort
- Gewünschte Raumtemperaturen (DIN EN 12831 oder individuell)
- Lüftungskonzept (natürliche/mechanische Lüftung)
Praxis-Tipp: Nutzen Sie unseren Heizlast-Schnellrechner für eine schnelle und normgerechte Berechnung.
Schritt 2: Warmwasserbedarf einbeziehen
Bei Wärmepumpen mit Warmwasserbereitung muss der Energiebedarf für Trinkwasser berücksichtigt werden:
Richtwerte Warmwasserbedarf:
| Gebäudetyp | Liter/Person/Tag | Zusätzliche Leistung |
|---|---|---|
| Einfamilienhaus | 40-50 l | +2-3 kW |
| Mehrfamilienhaus | 30-40 l | +1,5-2 kW/WE |
| Gewerbe/Hotel | 50-80 l | individuell |
Schritt 3: Betriebsweise definieren
Die Wahl der Betriebsweise hat erheblichen Einfluss auf die Dimensionierung:
Monovalente Betriebsweise
Die Wärmepumpe deckt die gesamte Heizlast bis zur Norm-Außentemperatur alleine ab.
- Vorteil: Höchste JAZ, keine fossile Zusatzheizung
- Nachteil: Größere Wärmepumpe erforderlich
- Geeignet für: Neubauten, gut sanierte Altbauten (Heizlast < 10 kW)
Bivalente Betriebsweise
Die Wärmepumpe deckt die Heizlast bis zum Bivalenzpunkt (z.B. -5°C), darunter schaltet ein zweiter Wärmeerzeuger zu.
- Vorteil: Kleinere, günstigere Wärmepumpe
- Nachteil: Zusatzheizung erforderlich, etwas niedrigere JAZ
- Geeignet für: Altbauten mit höherer Heizlast, Bestandsheizung vorhanden
Dimensionierungsregel
Monovalent: Wärmepumpe = 100% der Heizlast bei Norm-Außentemperatur
Bivalent: Wärmepumpe = 60-70% der Heizlast bei Norm-Außentemperatur
Schritt 4: Vorlauftemperatur berücksichtigen
Die erforderliche Vorlauftemperatur hat massiven Einfluss auf die Effizienz:
COP-Werte typische Luft-Wasser-Wärmepumpe (A-7):
- A-7/W35: COP 2,8-3,2 (Fußbodenheizung, optimal)
- A-7/W45: COP 2,3-2,7 (Heizkörper saniert)
- A-7/W55: COP 1,9-2,3 (Alte Heizkörper, kritisch)
Faustregel: Jedes Grad weniger Vorlauftemperatur verbessert die JAZ um ca. 2,5%
Schritt 5: Leistung bei Normtemperatur ermitteln
Wärmepumpen-Hersteller geben die Leistung bei definierten Bedingungen an:
- A-7/W35: Außentemperatur -7°C, Vorlauftemperatur 35°C (häufigster Betriebspunkt)
- A2/W35: Außentemperatur +2°C, Vorlauftemperatur 35°C (Teillast)
- A7/W35: Außentemperatur +7°C, Vorlauftemperatur 35°C (Sommerbetrieb)
Achtung: Marketing-Angaben
Viele Hersteller werben mit Leistungen bei A7/W35 – das ist aber nicht der Auslegungspunkt! Entscheidend ist die Leistung bei Norm-Außentemperatur für Ihren Standort (meist zwischen -10°C und -15°C).
Professionelle Auslegungscheckliste
Checkliste zur Wärmepumpen-Dimensionierung
Praxisbeispiel: Einfamilienhaus Neubau
Gebäudedaten:
- Baujahr: 2023, KfW-40 Standard
- Wohnfläche: 150 m²
- Heizlast (DIN EN 12831): 6,2 kW
- Warmwasser: 4 Personen × 50 l/Tag = 2,3 kW zusätzlich
- Heizsystem: Fußbodenheizung, VL 35°C
- Standort: München (Norm-AT: -14°C)
Dimensionierung:
- Betriebsweise: Monovalent
- Erforderliche Leistung A-7/W35: 6,2 kW + 2,3 kW = 8,5 kW
- Gewähltes Modell: 9 kW Nennleistung (A-7/W35)
- Modulationsbereich: 3-9 kW (ideal für Teillast)
- Prognostizierte JAZ: 4,2
Ergebnis: Optimal dimensioniert, BAFA-Förderung 40% möglich
Häufige Fehler vermeiden
Fehler 1: Überdimensionierung "zur Sicherheit"
Problem: Häufiges Takten im Teillastbetrieb (90% der Betriebszeit!)
Lösung: Auf normgerechte Heizlastberechnung vertrauen, nicht auf Bauchgefühl
Fehler 2: Warmwasserbedarf vergessen
Problem: Wärmepumpe zu klein für gleichzeitigen Heiz- und Warmwasserbetrieb
Lösung: Warmwasserbedarf mit 2-3 kW zusätzlich einplanen
Fehler 3: Vorlauftemperatur zu hoch angesetzt
Problem: JAZ nur 2,8 statt möglicher 4,0
Lösung: Heizkörper überprüfen, ggf. austauschen, Fußbodenheizung bevorzugen
Erfolgsfaktor JAZ
Eine gut dimensionierte Wärmepumpe erreicht in der Praxis JAZ-Werte von 4,0-4,5. Das bedeutet: Aus 1 kWh Strom werden 4-4,5 kWh Wärme. Bei aktuellen Strompreisen entspricht das Heizkosten von nur 7-9 Cent/kWh – günstiger als Gas oder Öl!
Fazit: Sorgfältige Planung zahlt sich aus
Die richtige Dimensionierung einer Wärmepumpe ist keine Hexerei – aber sie erfordert sorgfältige Planung und normgerechte Berechnungen. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren:
- Präzise Heizlastberechnung nach DIN EN 12831
- Realistische Einschätzung der Vorlauftemperatur
- Keine Überdimensionierung aus falscher Vorsicht
- Warmwasserbedarf nicht vergessen
- Modell mit guter Modulation wählen
Eine optimal dimensionierte Anlage erreicht hohe JAZ-Werte, läuft zuverlässig und amortisiert sich durch niedrige Betriebskosten bereits nach wenigen Jahren.
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